Inhalt
Der Höhepunkt der aktuellen Handelswoche war die Sitzung der US-Notenbank am Mittwoch. Wie allgemein erwartet wurden die Zinsen auf einen Korridor von 0,5 bis 0,75 Prozent angehoben. Die unterschiedlichen Erwartungen zur zukünftigen Geschwindigkeit und dem Ausmaß weiterer Erhöhungen bleiben den Kapitalmärkten als wichtiges Diskussionsthema erhalten.
Die seit den US-Wahlen bestehenden Trends setzten sich in den letzten Handelstagen mit höherer Intensität fort. Eine Korrektur der heiß gelaufen Märkte erscheint daher angebracht. Auf die kurze Sicht betrachtet haben sich US-Unternehmensanleihen niedriger Bonität sehr positiv entwickelt. Das Edelmetall Gold weist die schwächste Entwicklung auf.
Für Investitionen in nicht-Euro Werte kommt noch die Abschwächung des Euros gegenüber dem US-Dollar als positiver Einfluss Faktor hinzu.
Ein großer Zinsunterschied hat Folgen
Die US-Notenbank befindet sich derzeit als einzige große Zentralbank in einem Prozess der Straffung der Geldpolitik. Im Gegensatz dazu hat die Europäische Zentralbank (EZB) erst vor wenigen Tagen erklärt, dass die Geldpolitik weiterhin sehr expansiv bleiben wird. Das Anleihekaufprogramm wurde bis Ende 2017 verlängert und das Gesamtvolumen hat die Erwartungen übertroffen. Mit Blick auf das Ziel einer Inflationsrate von nahe zwei Prozent und den politischen Risiken im Wahljahr 2017 erscheint das aus Sicht eines Notenbänkers durchaus nachvollziehbar.
Die Folge ist eine gegenläufige Entwicklung der Zinsen in den beiden Währungsräumen.
Die Grafik zeigt den Zinsunterschied zwischen deutschen und amerikanischen Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren. Die Differenz (schwarze Linie) beträgt aktuell über 2,2 Prozent. Dies ist der höchste Stand in mehreren Jahrzehnten!
Die durch die unterschiedlichen Zinsen entstehenden Ungleichgewichte sorgen für weitreichende Folgen. Besonders der Wechselkurs EUR/USD (dargestellt in rot) reflektiert diese Entwicklung. Gegenüber dem US-Dollar ist der Euro auf einem 13 Jahrestief.
Man darf annehmen, dass die attraktivere Verzinsung in den USA zu weiteren Kapitalflüssen in den USD-Währungsraum führen wird. Aus dieser Annahme resultiert die, in diesen Tag häufig anzutreffende Meinung, dass mit einer weiteren Aufwartung des USD zu rechnen ist.
Zu Risiken und Nebenwirkungen befragen Sie bitte…
Die Nebenwirkungen einer starken Bewegung an den Währungs- und Zinsmärkten sind sehr vielfältig. Rohstoffe werden im US-Dollar abgerechnet. Eine Aufwertung der Abrechnungswährung führt also zu einem Preisanstieg. Dieser kann die Nachfrage reduzieren und damit wiederum den Preis senken. Für Anleger stellt sich daher nicht nur die Frage in welche Vermögensklasse sie investieren möchten, sondern auch ob dies mit oder ohne Währungssicherung erfolgen soll. Zudem führen die hohen Zinsdifferenzen dazu, dass die Kosten einer Währungsabsicherung im relativen Vergleich aktuell recht hoch sind.
Das eigene Währungsengagement sollten Anleger nicht isoliert, sondern im Gesamtzusammenhang der Anlagestrategie bewerten.
Bei Gold kommt noch erschwerend der Anstieg der Zinsen hinzu. Da Investitionen in Gold nicht zinstragend sind steigen die Opportunitätskosten im Vergleich zinstragenden Vermögensklassen, wie bspw. Anleihen. Wenn die Renditen für Anleihen steigen, dann wird Gold unattraktiver.
Die Kombination aus starkem US-Dollar und steigenden Zinsen ist also Gift für diese Vermögensklasse.
Dennoch hat sich nichts an der Sinnhaftigkeit einer strategischen und in der Höhe sinnvoll (!) bemessenen Goldquote geändert.
Fazit für Anleger
Seit der US-Wahl wird an den Kapitalmärkten ein Reflationsszenario für die USA eingepreist. Sollten sich die aktuellen Trends steigender Zinsen und stärkerem US-Dollar fortsetzen, dann werden sich diese negativ auf die Aktienmärkte auswirken. Bereits heute sind die Folgen bei Schwellenländern zu sehen.
Das Risiko einer chinesischen Wirtschaft, die durch eine starke Abwertung der heimischen Währung (8 Jahrestief zum US-Dollar) in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät ist hier besonders bedrohlich.
Doch auch US-Unternehmen mit einem hohen Umsatzanteil im Ausland werden unter dem starken Anstieg des US-Dollar leiden. Die Aktienmärkte haben aktuell die rosarote Brille auf. Die Marktbewegungen seit den US-Wahlen sind zwar durchaus fundamental zu rechtfertigen, aber eine Übertreibung bei den Aktienkursen mit nachfolgender Korrektur sollte nicht überraschen.Historisch gesehen feiern die Aktienmärkte den Einzug eines neuen US-Präsidenten (von einer anderen Partei) in das Weiße Haus mit einer „Honeymoon“ Rallye. Diese läuft bis kurz nach der Vereidigung des neuen Präsidenten.
Unabhängig von der Meinung zur Entwicklung des Aktienmarktes gibt es aktuell viel zu tun. Die Sektorrotation innerhalb des Aktienmarktes, eine hohe Anfälligkeit von Anleiheindices und eine anziehende Inflationsrate bieten vielfältigen Handlungsbedarf.
Ausführlicher Videokommentar zu den Kapitalmärkten
In der Aufzeichnung des YPOS Kapitalmarkt-Dialog finden Sie eine Vielzahl von aktuellen Themen. Die Agenda und das Video finden Sie hier:
Videokonserve Kapitalmarkt-Dialog Dezember 2016