Eingestellt am 17. September 2015 · Eingestellt in Alle Publikationen, Markets - Markteinschätzung

Kapitalmarkt aktuell

Die Ruhe vor dem Sturm

Am heutigen Donnerstag, 17. September, wird die US-Notenbank ihre Entscheidungen zur Geldpolitik bekannt geben. Die Kapitalmärkte haben sich im Vorfeld dieser Entscheidung bereits mit hohen Schwankungen in Stimmung gebracht. Besonders die Ängste der Marktteilnehmer, die chinesische Wirtschaft könnte sich deutlich abkühlen, bewegten die Kurse in den letzten Wochen. Dabei wurden Investments, mit einem engeren Bezug zur chinesischen Wirtschaft besonders abgestraft. Besonders stark hat es Investments in Schwellenländern getroffen, denn diese sind in vielen Fällen mit der chinesischen Wirtschaft verbunden und leiden perspektivisch unter einer Zinserhöhung in den USA. Diese Entwicklung lässt sich sehr gut in der unteren Grafik nachvollziehen. Nach einem guten Start in das Jahr 2015 ließ die Dynamik der Schwellenländer schnell nach und konnte sich erst in den letzten Wochen stabilisieren. Seitdem läuft die Entwicklung des Aktienmarktes, nicht nur in den Schwellenländern, mit großen Schwankungen seitwärts.

Markets 36- Relative Performance

China weiter schwach

Die Entwicklung der chinesischen Wirtschaft hat sich in den letzten Wochen nicht verbessern können. Besonders der vormals starke Motor der Wirtschaft scheint Probleme zu haben: Der Export ist, nach den letzten Datenpunkten zu urteilen, rückläufig. Auch der industrielle Sektor hat mit hohen Überschusskapazitäten zu kämpfen und sieht sich bei der Preisentwicklung (Produzentenpreise) mit starken deflationären Entwicklungen konfrontiert.

Markets 36- Preisentwiklung China

Die chinesische Regierung hat bereits geldpolitische Maßnahmen eingeleitet, um die Wirtschaft zu stimulieren. Doch angesichts der hohen Verschuldung des privaten Sektors stellen viele Experten den Nutzen von weiteren Investitionen in Frage. Die chinesische Antwort auf Wachstumssorgen der Wirtschaft waren allzu oft neue Infrastrukturprogramme. Eine Vielzahl davon wurde, wie man heute weiß, ineffizient und ohne spätere Nutzung aus dem Boden gestampft.
Eine Problematik, mit der sich Chinas Führung verstärkt außeinander setzen muss, ist die eigene Währung. Bisher wurde die chinesische Währung an den USD gekoppelt und schrittweise aufgewertet (Grafik unten). Im Zuge der schrittweisen Öffnung des chinesischen Finanzmarktes soll auch die Währung nach und nach durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage  bestimmt werden. Wie in der unteren Grafik gut zu erkennen ist, hat China seine Währung in den letzten Jahren um gut 30 Prozent aufgewertet. Man kann allerdings gut erkennen, dass in den der jüngeren Vergangenheit eine immer breitere Handelsspanne toleriert wurde. Für die Zukunft sollte man davon ausgehen, dass die Zentralbank Chinas (PBOC) in weiteren Schritten eine frei handelbare Währung herbeiführen will. Dieser Prozess wird, wie zuletzt auch, in Zukunft immer wieder für Verunsicherung und eine erhöhte Volatilität sorgen.

Markets 36- Währung

Ausblick

Die jüngsten Marktturbulenzen haben viele Anleger stark verunsichert. Auch wenn der China-Faktor in den Medien gerne als wichtigster Grund für die Kapitalmarktbewegungen genannt wurde, sind viele Anleger auch darüber hinaus ins Grübeln geraten. Die Bewertungen vieler Marktsegmente, wie Aktien oder Anleihen, befinden sich oberhalb der langjährigen Durchschnitte und sind nur durch eine anhaltend expansive Geldpolitik zu rechtfertigen.
Auch wenn sich viele Zentralbanken in einer Phase der extrem lockeren Geldpolitik befinden, fragen sich die Anleger, welche Auswirkungen eine Straffung der Geldpolitik in den USA und Großbritannien auf die Kapitalmärkte haben wird. Denn in diesen Ländern wächst die Wirtschaft mit robusten Wachstumsraten und rechtfertigt nicht länger eine Niedrigzinspolitik. Daher wird von den Notenbanken dieser beiden Staaten ein Anheben der Zinsen erwartet.
Besonders heikel wird die Situation angesichts der womöglich größeren wirtschaftlichen Probleme in China und der allgemeinen Nervosität an den Kapitalmärkten. Es könnte also durchaus passieren, dass die Notenbanken mit einer Zinserhöhung abwarten, bis sich die Märkte beruhigen.
Wir gehen jedoch nicht davon aus, dass ein Abwarten der Notenbanken die Nervosität am Kapitalmarkt lindern würde. Denn die Unsicherheit darüber, wann und wie schnell die Zinsen angehoben werden, ist mit ein Grund für die derzeitigen Kursbewegungen. Wir würden einen Zinsschritt im September als positiv interpretieren, zusammen mit einer klaren Stellungnahme zur weiteren Geldpolitik könnte die US-Notenbank zumindest diese Unsicherheit aufklären.
Die Sitzung der US-Notenbank endet mit der Bekanntgabe der Entscheidung am heutigen Donnerstag . Die britische Notenbank trifft sich zu Beratungen über die zukünftige Geldpolitik erst wieder am 08. Oktober. Wir werden in der nächsten Woche die Geschehnisse für Sie wie gewohnt kommentieren und einordnen.

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Über den Autor

Magnus Lenz, Bankkaufmann, Bankfachwirt (IHK) und zertifizierter Vermögensberater (Frankfurt School of Finance & Management) ist ein erfahrener Wertpapier-, Kredit- und Vorsorgespezialist. 2009 gründete er die Lenz Financial Wealth Management GmbH mit dem Ziel, seinen Kunden eine individuelle und unabhängige Beratung bieten zu können.