Eingestellt am 1. September 2019 · Eingestellt in Alle Publikationen, Markets - Markteinschätzung

Die Inflation liegt bei 1,4 Prozent, fünfjährige deutsche Staatsanleihen rentieren bei minus 0,92 Prozent. Gleichzeitig hat Gold ein neues Allzeithoch erklommen. Die noch gescholtenen Trendfolger könnten vor einem Comeback in der Gunst der Anleger stehen… Wir schauen auf die wichtigsten Punkte.

Herausforderung Kaufkrafterhalt

Nach Lesart des statistischen Bundesamts sind die Konsumentenpreise in Deutschland im August 2019 gegenüber dem Vorjahresmonat um 1,4 Prozent angestiegen. Im Vormonat betrug der Anstieg noch 1,7 Prozent. Die gefallene Inflationsrate passt damit in das Bild einer sich abschwächenden deutschen Wirtschaft. Für die gesamte Eurozone beträgt die Inflation aktuell 1,0 Prozent. Das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) ist damit deutlich unterschritten.

Am Rentenmarkt sind weiter historisch einmalige Zustände zu beobachten. Ein Kaufkrafterhalt ist auf Basis der aktuellen Renditen nicht möglich.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat viele Argumente, die eine expansive Geldpolitik unterstützen. Schließlich liegt die Kerninflationsrate nur bei 0,9 Prozent. Auch die marktbasierten langfristigen Inflationserwartungen für fünf Jahre in fünf Jahren liegen mit 1,2 Prozent deutlich unter den Vorstellungen der Notenbank.

Im Ergebnis stellt sich nur die Frage, ob weitere Maßnahmen bereits vollständig in den Preisen der Anleihen enthalten sind, oder ob der Markt das Ausmaß der möglichen Interventionen überschätzt.

Aufgrund der jüngsten Kursentwicklungen scheint etwas Vorsicht angebracht. Eine vollständige Abkehr von Anleihen ist allerdings nicht anzuraten. Anleger sollten allerdings darauf achten, dass das gesamte Diversifikationspotenzial innerhalb des Anleihemarktes genutzt wird. Die Kombination von ausgewählten aktiven Managern und passiven Indexlösungen (ETF) erscheint uns aktuell die beste Lösung zu sein.

Dramatik jenseits der Schlagzeilen

Die jüngsten Kursgewinne sind zwar erfreulich, aber naturgemäß dämpfen diese die zukünftigen Erträge. Während die Zuwächse von hundertjährigen Anleihen spektakuläre Schlagzeilen produziert haben, dürfte die Tatsache, dass mit „A“ geratete Anleihen erst nach über fünf Jahren die Nulllinie schneiden deutlich bedeutsamer für die Finanzmärkte und die Anleger sein.

Allgemein ist der Blick auf die Zinsstrukturkurven recht deprimierend. Die Ertragserwartungen sind nach unten anzupassen. Die Suche nach „Zinsersatz-Investments“ dürfte daher auf einem hohen Niveau verbleiben. Die aktuellen Rahmenbedingungen erfordern eine detaillierte Depotanalyse.

Risikomanager im Aufwind

Auch der Bedarf an Strategien, die bei Rückgängen am Aktienmarkt (zumindest theoretisch aufgrund der einsetzbaren Instrumente) positive Erträge erzeugen können dürfte steigen. Diese Strategien konnten seit der Finanzkrise nicht mit simplen Anlagestrategien mithalten. Allerdings hat sich dieses Bild auf Sicht der letzten fünf Jahre bereits gedreht. In der breiten Öffentlichkeit ist das allerdings noch nicht angekommen…

Die zuletzt sehr starke Entwicklung der Trendfolger ist vor allem in dem deutlichen Trend bei Anleihen zu finden. Anleger sollten nun auf keinen Fall blind in diese Strategien investieren. Es soll hier vielmehr ein Plädoyer für die aktive Auseindersetzung mit der eigenen Anlagestrategie und dem grundlegenden Risikomanagement sein. Dies gilt umso mehr, wenn man die prozyklische und nur positive Berichterstattung zur Vorteilhaftigkeit von Wertpapieren ohne Risikomanagement betrachtet.

Letztendlich muss die Analyse von Risiken sowohl auf der Anleger- als auch der Anlageebene erfolgen. Eine Fortschreibung der Entwicklung seit der Finanzkrise ist auf keinen Fall empfehlenswert!

Gold mit neuem Allzeithoch

In Euro gerechnet (dunkelblau) hat der Goldpreis jüngst ein neues Hoch erreicht.

Diesen Rückenwind durch den schwächeren Euro hat natürlich nicht nur Gold erhalten. Alle in US-Dollar notierenden Vermögenswerte (von Staatsanleihen bis Technologie Aktien) profitierten hievon.

Eine Fondsgesellschaft (Quelle aus Compliance Gründen nicht genannt) führt zehn Gründe auf, die aktuell dafür sprechen über die Investition in Gold und Goldminen nachzudenken:

  1. Weitere Zinssenkungen in den USA sind absehbar: Drei Zinssenkungsrunden fanden in den Vereinigten Staaten bereits im laufenden Jahr statt. Ihr Effekt wirkt sich zwar negativ auf den US-Dollar, aber positiv auf den Goldpreis aus.
  2. Negative Realzinsen sind in Reichweite gerückt: Der Zinssatz auf 10-jährige US-Staatsanleihen ist auf 0,26 Prozent gesunken. Zu Jahresbeginn lag dieser Satz noch bei 0,98 Prozent. Wenn die Zinsen ins Negative rutschen, ist das positiv für Gold. Die Opportunitätskosten beim Halten des Edelmetalls verringern sich.
  3. Bisher bleibt der US-Dollar robust: Der US-Dollar-Index DXY verharrt derzeit bei 97,6 Punkten. Im September 2018 rangierte er noch bei 93,9 Zählern; zu diesem Zeitpunkt ging der Markt noch von steigenden US-Zinsen aus. Aktuell beeinträchtigt der relativ starke US-Dollar die Wettbewerbsfähigkeit der USA. Sollte die Währung an Wert verlieren, wird sich der Goldpreis positiv entwickeln.
  4. Die Investitionsrisiken am breiten Markt haben sich erhöht: Zwar ist in den nächsten 12 bis 18 Monaten keine Rezession zu erwarten. Allerdings sind die Risiken, dass es zu einer Rezession kommen könnte, gestiegen. Der breite Aktienmarkt schwächelte in den vergangenen sechs Monaten, sodass sich Gold wieder einmal als sichere Anlageklasse erweist.
  5. Die physisch besicherten Gold-ETF-Bestände liegen insgesamt immer noch deutlich unter dem Höchststand des Jahres 2013: Dies lässt Anlegern Spielraum für weitere Goldinvestments.
  6. Die Zentralbanken kaufen aktuell Gold in Rekordhöhe: Die gemeldeten Nettokäufe den Notenbanken belaufen sich seit Jahresbeginn auf rund 207 Tonnen – das ist das größte Zukaufsvolumen seit 2010.
  7. Die Goldförderung entwickelt sich gebremst: Der weltweite Goldabbau stieg 2018 lediglich um 1,8 Prozent gegenüber 2017 und das Fördertempo in den Minen wird sich in den nächsten fünf Jahren weiter reduzieren: Einerseits sind die Investitionen im Goldsektor zurückgegangen, andererseits haben die Bergbauunternehmen keine neuen, bedeutenden Lagerstätten mehr entdeckt.
  8. Goldaktien stechen physisches Gold mit einer Überrendite aus: Auch in den kommenden zwölf Monaten dürfte das so bleiben, weil die Inflation auf niedrigem Niveau verharrt. Da jede Goldpreissteigerung für einen erhöhten Cashflow auf Seiten der Minenunternehmen sorgt, werden deren Aktien zum effizienten Hebel auf den Goldpreis.
  9. Goldaktien sind derzeit attraktiver bewertet als in der Vergangenheit:Nordamerikanische Minenunternehmen handeln mit unterdurchschnittlichen Multiplikatoren auf P/NAV- und EV/EBITDA-Basis.
  10. Jüngste M&A-Transaktionen haben Goldaktien in den Fokus gerückt: In den vergangenen sechs Monaten fanden zwei große Abschlüsse zwischen Barrick Gold und Randgold sowie Newmont und Goldcorp statt.

So richtig und plausibel die Gründe auch sein mögen… Chancen und Risiken sind, wie bei jeder Investition, sorgsam abzuwägen.

Verschiedene Investitionsalternativen

Auf den ersten Blick gibt es also Gold und Goldminen. Bei Letzteren ist aber zu entscheiden, ob ein Index passiv abgebildet oder in eine aktive Investmentstrategie investiert werden soll. Die Grafik zeigt die Entwicklung der drei Alternativen in den vergangenen fünf Jahren.

Es ist allerdings keinesfalls ratsam einfach nur den Gewinner der Vergangenheit zu kaufen. Auch die Risikoseite muss beleuchtet werden. Zudem spielt die Integration in die bestehende Depotstruktur eine sehr wichtige Rolle.

Auf der Ebene der Gesamtvermögensstrukturierung sind weitere Kriterien zu prüfen. Handelt es sich um ein strategisches Investment oder sollen nur kurzfristig mögliche Marktchancen (und Risiken bei einem Brancheninvestment!) genutzt werden? Wie sieht es mit den steuerlichen Unterschieden zwischen physischem Gold und Wertpapieren aus?

Fazit

Die aktuelle Gemengenlage aus Nullzins, Konjunkturabkühlung und geopolitischen Themen sollte kein Grund für Kurzschlusshandlungen sein. Sie ist aber definitiv ein guter Anlass, um die langfristige Finanzplanung anzugehen und darauf aufbauend eine sinnvolle Anlagestrategie zu entwickeln.

Ein Startpunkt kann die persönliche Liquiditätsplanung sein.

Gerne stehen wir Ihnen für sämtliche Fragen zur Verfügung.

Über den Autor

Magnus Lenz, Bankkaufmann, Bankfachwirt (IHK) und zertifizierter Vermögensberater (Frankfurt School of Finance & Management) ist ein erfahrener Wertpapier-, Kredit- und Vorsorgespezialist. 2009 gründete er die Lenz Financial Wealth Management GmbH mit dem Ziel, seinen Kunden eine individuelle und unabhängige Beratung bieten zu können.