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Konto räumen – aber wohin?
Die mögliche gemeinschaftliche Einlagensicherung sorgt für Schlagzeilen und hitzige Diskussionen. Schließlich würden dann die „gut“ gefüllten Kassen der Einlagensicherungssysteme der stabilen Nordländer für die „schlechten“ Risiken in den südlichen Bankbilanzen haften. Nach der, sicher nicht risikoadäquaten, Gleichschaltung der Zinsen im gemeinschaftlichen Währungsraum würde dann also auch eine direktere Verbindung zwischen der „schlechten“ Kreditvergabe südlicher Banken und dem nördlichen Sparer entstehen. Das ist jetzt natürlich (viel) zu einfach und pauschal formuliert. Da sich dieser Beitrag aber eher auf das „wie kann ich Bankeinlagen diversifizieren“ und nicht auf das „warum können Bankeinlagen riskanter werden“ konzentrieren soll, mag das für heute als vereinfachte Einleitung ausreichen.
Etwas Basiswissen
Die Einlage auf einem Konto bei einem Kreditinstitut ist ein Kredit an dieses Institut. Diese Forderung ist typischerweise nicht durch Sicherheiten des Schuldners (Bank) an den Gläubiger (Kontoinhaber) gedeckt. Damit die Einlagen trotzdem gegen eine Schieflage der Bank versichert sind, gibt es die Einlagensicherung. Um diese zu verstehen, sollte man besser von Einlagenversicherung sprechen. Das Prinzip einer Versicherung besteht darin, dass das für den einzelnen schwer kalkulierbare Risiko durch den Übertrag auf ein Kollektiv kalkulierbarer wird. Beispiel: Eine Bank vergibt zu viele Kredite an einen Schuldner, dieser wird insolvent und weil die Bank Abschreibungen vornehmen muss gerät sie in Schieflage. Alle anderen Banken haben diesem Schuldner kein Geld geliehen und daher besteht bei ihnen das Problem nicht. Damit kann der Einzelne vom Kollektiv gestützt werden.
Das Prinzip gerät natürlich an seine Grenzen, wenn alle Beteiligten identische Probleme zur gleichen Zeit haben. In der aktuellen Situation geht es im Kern also darum, wie Anleger auf eine potentiell geringere Leistungsfähigkeit der heimischen Einlagensicherung bei gleichzeitig höheren Risiken für Kontoguthaben reagieren können.
Die Antwort auf Unsicherheit ist immer die Gleiche
Diversifikation ist immer die richtige Antwort, um auf Unsicherheit zu reagieren. So sperrig der Fachbegriff, so schlecht ist leider häufig die Umsetzung. Nahezu jedes Depot, das ich von privaten Anlegern sehe, weist einen viel zu geringen Grad an Risikostreuung auf. Ein Röntgenblick (echte Kundendaten) auf das Depot zeigt Überschneidungen:
Dabei wäre das nicht notwendig. Auch für private Anleger jeglicher Vermögensgröße gibt es die Möglichkeit, einen hohen Grad an Risikostreuung zu erreichen. Hierzu reicht es allerdings nicht, einfach eine lange Liste von Wertpapieren aneinander zu reihen oder mal eben, natürlich nach aktueller Nachrichtenlage und Schlagzeilendichte, Gold oder Absicherungen über Optionsscheine oder Zertifikate zu erwerben. In Zeiten von Nullzins und Notenbankinterventionen ist echte Diversifikation allerdings deutlich schwieriger zu erreichen. Das Anleger, gerade heute, nur das kaufen sollen, was sie bis ins letzte Detail verstehen, halte ich für kritisch. Das Rendite-Risiko Profil, die Funktionsweise und die Rolle im Depot sollte natürlich verstanden werden. Die Technik dahinter übersteigt, gerade bei diversifizierenden Strategien, das Verständnis eines „normalen“ Anlegers.
Zudem, Diversifikation fängt viel früher an und zwar bei der Herleitung der persönlichen Anlagestrategie. Weiterhin ist der Diversifikationsgrad laufend zu überwachen. Abschließend sollten wir uns klar machen, dass die Vermögensentwicklung nicht nur von den Wertpapieren, sondern dem Job und den Rentenansprüchen abhängt. Auch diese Aspekte sind bei der Herleitung einer Anlagestrategie zwingend einzubeziehen.
Hat der Anleger diesen Prozess durchlaufen, steht als Ergebnis ein diversifiziertes Wertpapierdepot. Zudem werden klare Regeln für die Stressphasen definiert. Erfahrungsgemäß ist danach, auch bei sehr vermögenden Anlegern, ein jährliches Strategieupdate notwendig. Damit ist für die Zukunft viel Zeit und Lebensqualität gewonnen.
Wohin denn nun mit dem Kontoguthaben?
Die nachfolgend aufgeführten Ideen sind nicht abschließende und verstehen sich keinesfalls als Empfehlung! Gute Ergebnisse werden dann erzielt, wenn erst der genannte Prozess und danach über die zum jeweiligen Anleger passenden Instrumente gewählt und sinnvoll kombiniert werden. Im konkreten Fall hängt die Eignung auch sehr stark von der Reife des Anlegers und dem Vertrauen bzw. Misstrauen in das Finanzsystem ab.
A – Staatsanleihen solider Euroländer bzw. „verwandten“ Währungen
B – Geldmarktfonds (nicht geldmarktnah!), die das Emittentenrisiko streuen
C – Anleihen guter Schuldner aus soliden Währungsräumen
Die Grafik zeigt den Verlauf. Die Strategie (blau) liefert was sie soll. Sie gewinnt dann, wenn der Euro (orange) schwächelt.
Es handelt sich also nicht um eine schwankungslose Anlage. Der Erfolg der Anlage ist also nicht in Rendite, sondern Zweckerfüllung zu messen. Außerhalb des Euro zu investieren und dann über Kursverluste zu jammern, wenn der Euro, wie 2017, stark aufwertet ist sicher nicht sinnvoll.
D – Fremde Währung, aber Währungsschwankungen absichern
Die Absicherung von Währungsschwankungen kostet Geld. Konkret die Zinsdifferenz der kurzfristigen Zinssätze zwischen den Währungsräumen. Sind die Zinsen in der Eurozone zwei Prozent niedriger, als in den USA, dann ist der Preis der Währungssicherung 2 Prozent. Daher sind die Kosten der Währungssicherung zwingend in die Überlegungen einzubeziehen.
E – Wertsicherungsfonds
Diese werden oft bei regulierten Anlegern (Banken, Versicherungen) und Unternehmen eingesetzt, die mit Risikobudgets arbeiten und auf Bilanzstichtage schauen. Häufig besteht das Basisportfolio aus kurzlaufenden deutschen Staatsanleihen (aktuell negative Verzinsung) und einer Strategie die mit liquiden Termininstrumenten (Futures) umgesetzt wird.
Den Verlauf einer Strategie mit einem Risikobudget von 4 Prozent zeigt die Grafik:
F – Markneutrale Aktienstrategie
Der Begriff ist etwas irreführend. Markneutral bedeutet nicht, dass die Entwicklung des Aktienmarktes irrelevant für das Ergebnis ist. Vielmehr ist gemeint, dass aktiv (nach Meinung oder regelgebunden) Aktien gekauft werden und gleichzeitig das allgemeine Marktrisiko durch Terminmarktinstrumente (typischerweise Futures) abgesichert wird. Im Ergebnis bleibt also die aktive Rendite übrig. Diese kann besser oder schlechter als die Indexrendite sein. Das Ziel der Strategie ist es nicht, einen Index zu schlagen oder abzubilden! Der Charme, den viele meiner Kunden in solchen Ansätzen sehen, lautet: Physisch im Sachwert (Aktien) investiert sein, aber nicht dem vollen Schwankungsrisiko des Marktes ausgesetzt zu sein. Die Ansätze in dieser Strategie sind sehr heterogen und teilweise schwer vergleichbar. In der Praxis kombinieren wir oft 2-3 unterschiedliche Ansätze in diesem Segment. Die Grafik zeigt einen Index, der verschiedene Fonds die Strategie zusammenfasst.
Die Entwicklung zeigt deutlich, dass ganz andere Charakteristika als bei einem Aktieninvestment vorliegen.
Fazit für Anleger
Die Punkte A bis F zeigen, dass es verschiedene Instrumente für ähnliche Ausgangslagen gibt. Dennoch ist (hoffentlich) deutlich geworden, dass zuerst der Prozess der Herleitung der Anlagestrategie steht und erst dann die jeweiligen Instrumente betrachtet werden sollten. Ich nenne bewusst keine konkreten Wertpapiere, da ich kein Journalist, sondern Berater bin. Dementsprechend möchte ich, dass Menschen verstehen, warum sie was tun und vor allem auch den Prozess hinter der Anlagestrategie verstehen.