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Was haben die Renditen von deutschen Staatsanleihen und die Inflationsrate gemeinsam? Sie sind beide negativ. Die Bundesanleihen rentieren selbst bei dreißigjähriger Laufzeit mit -0,1 Prozent pro Jahr und die Inflation liegt bei -0,2 Prozent.
YPOS-Inflationscheck zeigt extreme Situation
„Strafzinsen“ bzw. Verwahrgebühren auf Kontoguthaben werden eher zur Regel, als eine Ausnahme bleiben. Die Alternative zur Bank ist die Verwahrung durch den deutschen Staat. Die Verwahrung bei dem omnipotenten Schuldner in der Eurozone kostet 0,8 Prozent pro Jahr (fünfjährige Bundesanleihe, 30.10.2020). Im Gegenzug besteht kein Kontrahentenrisiko durch ein Bankinstitut.
Von den gezeigten Anlagemöglichkeiten im Bereich der festverzinsten Wertpapiere bieten lediglich Unternehmensanleihen geringerer Bonität eine optische ansprechende Rendite. Justiert man diese um die möglichen Risiken, dann relativiert sich die positive Perspektive womöglich sehr schnell. Daher sollten Anleger die Anleihenkomponente in Renten- und Mischfonds genau analysieren lassen.
Inflation Eurozone
Für die gesamte Eurozone zeigt sich ein vergleichbares Bild bei der Inflationsrate. Aufmerksamkeit sollte vor allem die Kerninflationsrate bekommen. Hier wird deutlich, dass die niedrige Inflationsrate eben nicht nur auf gefallene Energiepreise, sondern auch strukturelle Trends zurückzuführen sind. Die Corona bedingten Folgen haben diese massiv verschärft.
Aus der Perspektive der Europäischen Zentralbank (EZB) steht damit einer weiterhin lockeren Geldpolitik nichts im Wege. Zudem müssen die Corona bedingten Ausgabenprogramme der Staaten finanziert werden. Eine steigende Staatsverschuldung lässt rechnerisch keine relevanten Zinsanstiege zu.
Günstige Zinsen für Staaten, niedrige Renditen für Anleger
Der Blick auf die Renditen der Staatsanleihen ist erfreulich für jeden, der Kredite aufnehmen möchte. Für Anleger, die zinsorientiert anlegen möchten, ist genau das Gegenteil der Fall.
Bei einer, nach offizieller Lesart, nicht vorhandenen Inflationsrate ist dies für Anleger ohne Renditeerwartung noch erträglich. Der Handlungsdruck würde aber dann steigen, wenn die Inflationsraten spürbar steigen.
Die teilweise vorherrschende Denkweise auf dem Konto zu warten und erst dann in inflationssensible Vermögensklassen zu investieren, wenn die Inflation steigt und die Wirtschaft rosige Zukunftsperspektiven (Stichwort: Impfstoff) ist zwar angenehm, aber nicht zielführend. Vermögenspreise nehmen Entwicklungen typischerweise voraus und sind daher schwer zu timen. Es ist daher unrealistisch den Zeitpunkt einer steigender Inflation und die zeitliche Reaktion von bspw. Aktien auf Veränderungen der wirtschaftlichen Entwicklungen abzuschätzen. Daher sollten die Überlegungen zur strategischen Ausrichtung der Vermögensstrategie zeitnah angestellt und deren disziplinierte Umsetzung geplant werden.
Welche Inflation preist der Kapitalmarkt ein?
Die Inflationserwartungen bewegten sich jüngst auf ihr „vor Corona“ Niveau zu.
Eine durch weitere Lockdown Maßnahmen reduzierte wirtschaftliche Aktivität würde die Inflationserwartungen aber wohl erst einmal wieder fallen lassen. Im neuen Jahr könnte die Perspektive auf einen bzw. mehrere wirksame Impfstoffe für Optimismus und deutliche Nachholeffekte in der Wirtschaft sorgen. Daher sind Rückschläge im Winter bei den Hoffnungen auf eine Normalisierung eine gute Gelegenheit, um sich dann am Kapitalmarkt zu positionieren.
Gestiegene Geldmenge bietet Inflationspotential
Bisher hat sich der dramatische Anstieg der Geldmengenaggregate nicht in den offiziellen Inflationsraten ausgewirkt. Die gefallene Umlaufgeschwindigkeit des Geldes kann hier als ein Grund angesehen werden.
Bei einer „normalen“ wirtschaftlichen globalen Aktivität sollte sich dies jedoch ändern. Dann wären steigende Inflationsraten zu erwarten. Eine höhere Inflationsrate wäre sehr positiv für die heute zu niedrigen Zinsen fixierten langfristigen Staatsschulden.
Implikationen für Anleger
Der Zins ist der Preis des Geldes und er hat eine wichtige Lenkungsfunktion in der Volkswirtschaft. Ist er zu niedrig, dann kommt es zu Fehlallokationen von Kapital. Für Anleger gibt es heute keine einfachen Antworten. Die gesamte Anlagestrategie und die Ruhestandsplanung müssen auf den Prüfstand. Ausgewählte Fragestellungen lauten:
- Ist eine Lebensversicherung noch eine Altersvorsorge oder nur Kapitalerhalt?
- Warum bietet eine Mischung aus Immobilien, Gold und Anleihen nicht mehr die gleiche Risikostreuung wie vor einigen Jahren?
- Passt das perfekte Aktiendepot der letzten zehn Jahre noch zu den aktuellen Zukunftserwartungen?
- Wie baut man Private Equity, alternative Anleihestrategien und Infrastrukturinvestments sinnvoll in die Anlagestrategie ein?