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Im Januar 1999 wurde der Euro als Gemeinschaftswährung eingeführt. Der Geburtstag ist eine gute Gelegenheit, um die Folgen für Sparer und Anleger zu reflektieren. Die Konsequenzen für finanzielle Entscheidungen dürften wohl von erheblicher Natur sein.
Der Wechselkurs
Der Wechselkurs zur amtierenden Weltleitwährung, dem US-Dollar, war in den beiden vergangenen Jahrzehnten von massiven Schwankungen geprägt. Auch der zukünftige Verlauf wird sich aufgrund der Vielfalt von Einflussfaktoren nicht prognostizieren lassen.
Aus der Perspektive eines in Euro denkenden Anlegers haben die Wechselkursentwicklungen erhebliche Auswirkungen auf die persönliche Vermögensentwicklung. Schließlich notiert ein Großteil der verfügbaren Vermögensklassen in US-Dollar. Die unter Risikogesichtspunkten sinnvolle Verteilung des Vermögens auf verschiedene Anlageklassen und Regionen führt unweigerlich zu Einflussfaktoren, die sich aus der Entwicklung der Währung ergeben.
Auch die Ausschaltung der Währungsentwicklung durch Termingeschäfte führt zu Kosten. Typischerweise liegen diese in der Differenz der kurzfristigen Zinssätze der unterschiedlichen Währungsräume. Aktuell sind die Absicherungskosten sehr hoch (2 bis 3 Prozent pro Jahr). Dieser Aspekt darf keinesfalls vernachlässigt oder isoliert betrachtet werden, da er Auswirkungen auf die komplette Depotstrukturierung und Wertpapierauswahl hat.
Die Leit- und Leidzinsen
Der Zins ist der wichtigste Preis einer Volkswirtschaft. Ihm kommen wichtige Leit- und Lenkungsfunktionen zu. Ist der Zins zu niedrig, dann kommt es zu Fehlallokationen von Kapital.
Ein anhaltendes Zinsniveau von null Prozent bietet sicherlich ein erhebliches Fehlerpotential bei finanziellen Entscheidungen. Dies gilt für einzelne Anleger, die sich aufgrund der fehlenden Zinsen in Anlagen hineinbewegen, die nicht ihrer finanziellen Risikobereitschaft entsprechen.
Es ist allerdings zu einfach die Schuld für die Zinsentwicklung auf die Notenbank zu schieben. Strukturelle Entwicklungen, wie der globale Überschuss an Sparkapital, die Globalisierung, Digital- und Robotisierung tragen einen erheblichen Teil zur Trendrichtung bei. Insofern wirkt die Notenbank trendverstärkend und nicht trendbegründend.
Zinslosigkeit raubt Altersvorsorge den Sinn
Zinsbasierte Altersvorsorge benötigt Zinsen! Sparer, Versicherungsgesellschaften und deren Kunden waren über Jahrzehnte mit auskömmlichen Zinsen verwöhnt.
Die dargestellte Zinsentwicklung lässt nur eine Schlussfolgerung zu: Jedes Produkt der Altersvorsorge und die gesamte Ruhestandsplanung muss auf den Prüfstand.
Inflation – Die stille Enteignung
Anleger und Sparer leiden allerdings nicht nur unten den offensichtlich niedrigen Zinsen, sondern auch der Minderung ihrer Kaufkraft durch Inflation.
Die aktuelle Inflationsrate in der Eurozone beträgt aktuell 1,6 Prozent. Die Europäische Zentralbank (EZB) verfolgt das Ziel von ca. 2 Prozent. Kombiniert man nun Zinsen und Inflation ergibt sich der Realzins.
Die Grafik zeigt, dass die komfortable Situation der sicheren Kaufkraftsteigerung mittels Konto- und Sparguthaben seit einigen Jahren vorbei ist. Dies hat massive Konsequenzen für jeden von uns. Es ist nun klar zu differenzieren welcher Teil der liquiden Vermögenswerte als kurzfristige Rücklage dient und welcher Anteil der mittel- bis langfristigen Kapitalanlage zuzuordnen ist. Für die Rücklage muss der Kaufkraftverlust akzeptiert werden, da keine risikolosen Investitionsalternativen bestehen.
Renditen von Staatsanleihen
In Lehrbüchern stellen Renditen eine Kompensation für das übernommene Risiko dar. Im aktuellem Umfeld ist dies nicht mehr der Fall. Die Renditen der Länderanleihen sind eher ein Indikator für das Vertrauen in den Willen der EZB die marktwirtschaftlichen Mechanismen außer Kraft zu setzen.
Es ist allerdings kurzsichtig auf die EZB zu schimpfen. Ohne das Eingreifen der Notenbank hätten wir in den letzten Jahren nicht über die Rendite auf das Kapital, sondern die Höhe der Rückzahlung des Kapitals gesprochen. In einem Finanzsystem in dem Staaten Anleihen ausgeben und diese von Banken, Pensionskassen und Versicherungen erworben werden, würde selbst der teilweise Ausfall der als sicher eingestuften Papiere eine extrem schädliche Kettenreaktion auslösen.
Vor dem Hintergrund der hinlänglich bekannten und diskutierten Probleme dürften uns die ordnungspolitischen Diskussionen der Notenbankpolitik noch auf Jahre begleiten. Anleger sollten sich davon nicht zu sehr ablenken lassen, sondern sich mit dem Umfeld arrangieren.
Massive Ungleichgewichte – Bisher ein Sturm im Wasserglas
Als Gradmesser der strukturellen Probleme im Euroraum können wohl die Target2 Salden herangezogen werden. Bis zur globalen Finanzkrise und der mit etwas Zeitverzug folgenden Euro- und Staatsschuldenkrise spielten diese keine Rolle.
Dies hat sich spätestens seit der Griechenlandkrise massiv verändert. Ob und inwieweit damit systemische Risiken für das Finanzsystem der Eurozone abgefedert werden oder ob es sich um eine verdeckte Insolvenzverschleppung handelt wird die Zukunft zeigen. Für Anleger spielt es auch keine große Rolle. Sie müssen sich selbst um die Einschätzung von systemischen Risiken kümmern und deren mögliche Folgen durch finanzielle Entscheidungen abmildern.
Fazit für Sparer und Anleger
Der Euro ist aktuell (!) eine Schwachwährung mit erheblichen Konstruktionsmängeln und einer anhaltenden finanziellen Repression mit entsprechendem Vermögenstransfer vom Gläubiger zum Schuldner.
Die Hoffnung auf positive Realzinsen, wie zum Zeitpunkt der Währungseinführung, darf man natürlich haben. Realistisch ist es auf absehbare Zeit allerdings nicht. Auch die Wahrscheinlichkeit über ein Auseinderbrechen der Währungsunion und die möglichen Folgen muss quantifiziert und deren Folgen durchdacht werden.
Es macht nun wenig Sinn über die beschriebene Situation zu diskutieren und das „warum“ zu hinterfragen. Man sollte sich besser darauf konzentrieren die individuell passenden Antworten für die genannten Herausforderungen zu finden. Gerne stehe ich Ihnen hierbei als Ansprechpartner zur Verfügung.