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Nächste Runde im Kampf der Zentralbanken
Das neue Jahr stand bisher unter dem Einfluss der Entwicklungen in China. Die Märkte ließen sich durch die Verluste an den chinesischen Börsen sowie die Abwertung der chinesischen Währung spürbar verunsichern, was zu rapide fallenden Aktienpreisen rund um den Globus führte. Da China weltweit der größte Nachfrager für Rohstoffe ist, wurden auch Rohstoffe wie Industriemetalle, Öl und andere Energieträger von der Verkaufswelle erfasst und mussten deutliche Preisrückgänge verkraften.
Die Thematik der chinesischen Wirtschaft wird uns aller Voraussicht nach noch lange im täglichen Börsengeschehen begleiten. Daher werden wir in der dieser Ausgabe den aktuell wichtigsten Einflussfaktor auf die weitere Entwicklung der Kapitalmärkte behandeln.
Warum ist China so wichtig?
Auch wenn in der öffentlichen Medienlandschaft nur selten die Rede von der Abwertung des chinesischen Renminbi ist und der Fokus auf der Aktienmarktbewegung liegt, so findet sich hier der eigentliche Katalysator für die weltweiten Verwerfungen an den Kapitalmärkten. Denn sollte China, wie die Bank of Japan, die EZB oder andere Notenbanken, in das gefährliche Spiel der exzessiven Währungsabwertung einsteigen, so könnte dies ein neues Kapitel der seit 2007 andauernden Finanzkrise auslösen.
In der Grafik oben ist die stufenweise Aufwertung der chinesischen Währung gut zu erkennen. Diese war und ist noch immer an den USD gekoppelt, wird jedoch immer mehr zu einer frei handelbaren Währung. Dennoch kontrolliert die chinesische Notenbank über ein Eingreifen in den Währungsmarkt die Entwicklung der Währung, dabei spricht man von einer gemanagten Währung.
Lange Zeit wurde China vorgeworfen, die eigene Währung künstlich niedrig zu halten, um die Wettbewerbsfähigkeit des Exportsektors zu stärken. Seitdem hat die chinesische Notenbank eine schrittweise Aufwertung gegenüber dem USD zugelassen (ca. 30 Prozent). Mittlerweile ist die chinesische Währung relativ fair bewertet und muss sogar von der eigenen Notenbank gestützt werden. Die Gründe hierfür liegen zum einen an der Neuausrichtung (einer Stärkung der Binnennachfrage, die in Zukunft einen Großteil des Wirtschaftswachstums generieren soll) des Wachstumsmodells, die mit einigen Schwierigkeiten vor sich geht. Doch zum anderen hat der jüngste Anstieg des USD auch indirekt die chinesische Währung (handelsgewichtet) stark im Wert steigen lassen. Dies bringt für den Exportsektor natürlich eine deutliche Abnahme der Wettbewerbsfähigkeit mit sich und belastet das Wirtschaftswachstum.
Wie trifft das die Eurozone?
Was für die Chinesen ein Fluch ist, war für die europäischen Unternehmen ein Segen. Der Anstieg des USD hat den Wert des Euro stark vergünstigt und so die Wettbewerbsfähigkeit verbessert. Entsprechend reagierten die Aktienmärkte auf die Bewegungen am Währungsmarkt (siehe Abbildung unten). In normalen Zeiten, wenn Fundamentaldaten das Börsengeschehen dominieren, folgen die Aktienmärkte der Gewinnentwicklung der Unternehmen. Diese sind entsprechend positiv, wenn die Region in der die Unternehmen operieren, eine positive wirtschaftliche Entwicklung aufweist. Doch dies wurde in den letzten Monaten durch die gegenläufige Geldpolitik der Europäischen Zentralbank und der US-Notenbank auf den Kopf gestellt. Ein positives Zeichen für die europäische Wirtschaft wäre es, wenn die wirtschaftliche Entwicklung und damit auch der Verlauf des Aktienmarktes nicht mehr alleinig von der Entwicklung der Währung (Geldpolitik) abhingen. Dazu müsste sich jedoch die noch fragile Dynamik des europäischen Wirtschaftswachstums festigen und auf breiter Ebene die hohe Arbeitslosigkeit, vor allem in den südeuropäischen Ländern, reduzieren.
Was treibt eigentlich den USD-Kurs?
Es sind natürlich viele Umstände, die einen Währungskurs beeinflussen, doch der wohl wichtigste ist die Zinsdifferenz verschiedener Währungsräume. Der Zins für Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 2 Jahren liegt in den USA bei ca. 0,92 Prozent; für deutsche Staatsanleihen mit der gleichen Laufzeit liegt die Rendite bei -0,39 Prozent. Im heutigen Niedrigzinsumfeld ist eine Zinsdifferenz von 1,31 Prozent, wohlgemerkt für eine Laufzeit von 2 Jahren, ein großer Anreiz, Kapital in den höherverzinsten Währungsraum zu verschieben. Aus diesen Kapitalströmen ergibt sich dann eine hohe Nachfrage nach USD, was zu einem steigenden Währungskurs führt.
Der starke Einfluss des USD auf Rohstoffe (Öl)
Doch China ist nicht der einzige Leidtragende des starken US-Dollar. Auch im Rohstoffsektor gibt es besondere Zusammenhänge zwischen der US-Währung und dem Preisverlauf. Die starke Entwicklung der Abrechnungswährung (USD) sorgt für eine massive Verteuerung der Rohstoffe. Unters sonst gleichen Bedingungen wirkt sich diese Verteuerung selbstverständlich negativ auf die Nachfrageseite aus. In der Grafik unten ist der Verlauf von Rohöl der Sorte WTI und der USD-Kurs (handelsgewichtet) dargestellt. Seit 2011 stieg der USD-Kurs (handelsgewichtet) um ca. 32 Prozent, damit ergibt sich für eine Reihe an Käufern eine signifikante Preissteigerung, die mit Sicherheit ihren Anteil zum derzeitigen Preissturz beiträgt.
Fazit / Folgen für die Zukunft
Die Entwicklung an den Zins- und Währungsmärkten sind von der Geldpolitik der verschiedenen Notenbanken getrieben. Besonders wichtig ist die Geldpolitik der US-Notenbank. Der USD ist noch immer die Weltleitwährung mit einem enormen Einfluss auf die Kapitalmärkte und die wirtschaftliche Entwicklung, besonders in den letzten Monaten, in denen sich die Geldpolitik in vielen Regionen konträr zueinander entwickelte. In den USA findet eine Straffung der Geldpolitik statt, während in anderen Währungsräumen noch immer eine maximale geldpolitische Lockerung praktiziert wird. Aus dieser Situation ergeben sich große und ungewöhnliche Kapitalströme, die sowohl die Anleihe-, Währungs-, Aktien- und Rohstoffpreise beeinflussen. Dabei handelt es sich um Spätfolgen der Finanzkrise, die im Jahr 2007 mit dem Zusammenbruch des US-Immobilienmarktes ihren Anfang fand und zu einer extremen Niedrigzinspolitik führte.
Auf dieser Zinsdifferenz der verschiedenen Währungsräume basiert die derzeitige USD-Stärke, die in vielen Bereichen des globalen Wirtschaftssystems zu Problemen führt. Entscheidend für die weitere Entwicklung ist daher die Geldpolitik der US Notenbank. Weitere Zinserhöhungen ohne Pausen würden das globale Finanzsystem überstrapazieren und z.B. China in die Situation versetzen, die eigene Währung (signifikant) abwerten zu müssen. Die Schockwellen, die ein solches Szenario auslösen würde, träfen zuerst die Schwellenländer, dann Europa und am Ende auch die USA. Aufgrund der Äußerungen der US-Notenbanker ist davon auszugehen, dass man bei weiteren Zinsschritten mit äußerster Vorsicht vorgehen wird. Eine geldpolitische Straffung wird in erster Line verbal geschehen. Basierend auf der Meinung, dass wir den Höhepunkt des USD bereits gesehen haben, glauben wir, die US-Geldpolitik wird angesichts der internationalen Herausforderungen mit einer sehr moderaten Zinspolitik in 2016 überraschen, woraufhin der USD wieder nachgeben sollte.
Dies sollte den Kapitalmärkten die Möglichkeit geben, sich wieder zu beruhigen und verlorenen Boden zurück zu erobern. Doch insbesondere die Frage, wie weit die chinesische Notenbank die eigene Währung noch abwerten wird, sorgt zukünftig immer wieder für Verunsicherung und hohe Schwankungen an den Märkten. Auch wenn das Jahr 2016 mit Sicherheit nicht langweilig wird und die Nerven vieler Anleger bis an die Grenzen belasten werden, glauben wir nicht, dass es zu einer Finanzkrise im Ausmaß wie in den Jahren 2008/2009 kommen wird.
Für Anleger sollten sich insbesondere in Börsenzeiten mit hohen Schwankungen und einer allgemeinen Verunsicherung an folgendes Vorgehen halten: Ausgehend von den eigenen Zielen und dem eigenen Status Quo eine langfristige Anlagestrategie entwickeln und diese nicht durch emotionale, prozyklische Entscheidungen gefährden.
YPOS Kapitalmarkt-Dialog am 20. Januar 2016
Die nächste Webkonferenz „YPOS Kapitalmarkt-Dialog“, findet am Mittwoch, 20. Januar 2016 um 18.00 Uhr statt. Die Dauer beträgt ca. 60 Minuten.
Am Ende des Webinars besteht die Möglichkeit, Fragen an die Referenten zu richten.
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