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Wirtschaft in China weiter schwach
Die Anzeichen einer sich weiter eintrübenden chinesischen Wirtschaft mehrten sich in den letzten Handelswochen. Am vergangenen Wochenende wurden Daten zur Gewinnentwicklung von Industrieunternehmen veröffentlicht. Diese fielen im Vergleich zum Vorjahr um gute 8 Prozent und sind damit ein weiteres Zeichen für die anhaltende Abkühlung der Wirtschaft.
Der chinesischen Volkswirtschaft bläst derzeit ein fundamental begründeter Gegenwind entgegen. Dabei handelt es sich um die Spätfolgen der staatlichen Wirtschaftspolitik, insbesondere der durch den Staat gesteuerten Investitionsprogramme in den Krisenjahren 2008 und 2009. Wie gut in der unteren Grafik zu erkennen ist, brachen in China, wie überall auf der Welt, die Sachinvestitionen in diesen Jahren dramatisch ein. In China versuchte die Staatsführung durch ein groß aufgelegtes Investitionsprogramm, die Wirtschaft zu stabilisieren. Dabei floss viel Geld in Infrastrukturprojekte oder allgemein in den Industriesektor. Die wirtschaftliche Entwicklung konnte so zwar stabilisiert werden, doch heute kämpft die Staatsführung mit den Spätfolgen dieser Wirtschaftspolitik. Die Verschuldung ist in China in den Jahren 2007 bis 2014 von 135 Prozent des BIP auf 217 Prozent angestiegen. Die größte Steigerung der Verschuldung fand in der Bankenbranche und auf Ebene der Unternehmen statt. Die vom Staat verordneten Projekte, auf die sich der Löwenanteil der Verschuldung zurückführen lässt, waren, wie man heute weiß, ökonomisch nicht nachhaltig und resultierten in großen Überkapazitäten im Industriesektor oder ungenutzter Infrastruktur. Der Abbau dieser ungenutzten Ressourcen belastet die derzeitige wirtschaftliche Entwicklung.
Trotz der strukturellen Probleme der chinesischen Wirtschaft sollten sich die Folgen für die globale Wirtschaftsentwicklung (insbesondere für Industriestaaten) in Grenzen halten. Die jüngsten Daten aus der Eurozone, den USA oder Großbritannien weisen bisher keinerlei Anzeichen auf, die vermuten lassen könnten, dass ein Einbruch der Wirtschaft kurz bevor steht.
Vergleicht man die Situation in China heute mit der von Japan am Ende der 90er Jahre, kann man viele Parallelen feststellen (siehe Grafik unten). Im Fall Japans ist es heute allgemeiner Konsens, dass sich die damalige Wirtschaftskrise nur relativ gering auf die globale Wirtschaft auswirkte. Dabei ist zu bedenken, dass Japan damals bereits ein Netto-Importeur war. Im Fall von China sprechen wir noch immer von einem Land, das einen großen Handelsüberschuss aufweist.
Folgen für den Aktienmarkt
Auch wenn die westlichen Industriestaaten nur relativ gering durch die wirtschaftliche Abkühlung der chinesischen Wirtschaft beeinflusst werden, so spüren einige Branchen oder Länder die Folgen doch sehr deutlich. Dabei handelt es sich in erster Linie um die Rohstoffbranche, denn China ist beispielsweise für gut 30 Prozent der weltweiten Nachfrage für Stahl und Industriemetalle zuständig. An den Kapitalmärkten wurden daher Unternehmen aus dieser Branche gnadenlos abverkauft. Der globale Index für Rohstoffe (Industriegrundstoffe) verlor in 2015 gut 20 Prozent. Dabei traf es einige Unternehmen deutlich härter; Glencore beispielsweise ist aufgrund der relativ anfälligen Bilanzstruktur um beinahe 80 Prozent gefallen.
Die allgemeine Verunsicherung am Kapitalmarkt ließ jedoch keinen Aktienmarkt außen vor. Die europäischen Aktienmärkte profitierten von der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank und stehen daher im globalen Vergleich etwas besser da als der Gesamtmarkt (MSCI AC World Index). Die US-Aktienmärkte litten zusätzlich zum China Faktor unter dem Belastungsfaktor Zinserhöhung. Die relativ hohen Bewertungen des US-Aktienmarktes sorgten unter dem Strich für den entscheidenden Auslöser einer bisher normalen Korrektur. Die Emerging Markets traf es aufgrund ihrer häufig vorzufindenden rohstofflastigen Wirtschaft besonders hart.
Ausblick
Die Kurseinbrüche im Rohstoff-Segment erscheinen unserer Ansicht nach überzogen und haben bereits ein Worst-Case-Szenario antizipiert.
Angesichts der weltweiten Geldpolitik, die auf absehbare Zeit sehr expansiv bleiben wird (auch in den USA), erscheinen viele Bewertungen durchaus attraktiv. Die Aktienmärkte haben aufgrund der geringen Variabilität einen deutlichen Bewertungsabschlag vollzogen. Sollten die westlichen Industriestaaten nicht, wie bereits eingepreist, in eine Phase mit deutlich niedrigerem Wirtschaftswachstum abrutschen, dürften die Kurse wieder deutlich anziehen. Der entscheidende Faktor für die weitere Entwicklung bis Ende 2015 sind somit die Wirtschaftsdaten aus den Industriestaaten und die anstehende Berichtssaison der Unternehmen. Die Berichtssaison startet in den USA traditionell mit dem Aluminiumhersteller Alcoa. Die Ergebnisse für das 3. Quartal werden von Alcoa am 08.10. veröffentlicht. Bereits zuvor halten Sitzungen der großen Notenbanken und der US-Arbeitsmarktbericht (02.10.) die Anspannung aufrecht.
Es wird sich also in den kommenden Wochen entscheiden, ob die Jahrestiefstkurse am Aktienmarkt halten oder sich die Wirtschaft wie auch die Stimmung am Aktienmarkt weiter eintrübt.
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